Es leuchtet gelb

Es leuchtet gelb

20. Oktober 2024 0 Von Silvernomads

Die Stimmung im Cockpit ist entspannt. Wir plaudern über dieses und jenes, lästern noch ein bisschen über eine soeben gehabte Begegnung mit einem aus unserer Perspektive seltsamen Amerikaner und sind gespannt auf die kommenden Wochen fernab von grossen Städten: Grand Canyon, Zion, Antelope, Lake Powell, Brice, Capitol Reef, Goblin und Arches stehen an. Allesamt Nationalpärke und Namen, die wir schon mal gehört, ihnen aber noch nie unsere Referenz erwiesen haben.

Und dann platzt inmitten dieser harmonischen Stimmung die Meldung des Columbus Piloten: „Hmmm, da leuchtet ein Lämpli am Armaturenbrett, das habe ich noch nie gesehen. Muss was mit dem Motor zu tun haben.“ Da am Armaturenbrett hin und wieder ein Lämpli aufleuchtet um dann bei nächstbester Gelegenheit wieder zu verschwinden, nehmen wir davon erst mal unaufgeregt Kenntnis und steuern wie geplant den South Rim im Grand Canyon an. Am nächsten Tag: Das gelbe Lämpli will uns offenbar was sagen und zeigt sich von seiner hartnäckigen Seite: Trotz gutem Zureden erlischt es nicht, auch am übernächsten Tag nicht. Dafür erscheint nun zusätzlich die Meldung „Motor kontrollieren lassen, Garage aufsuchen“. Und das mitten im Wald, rund 130 km von der nächst grösseren Ortschaft Flagstaff entfernt. Na bravo.

Wie weiter? Was wir wissen: Ersatzteile für europäische Fahrzeuge sind in der Regel in den USA nicht zu kriegen und die Hilfsbereitschaft der hiesigen Garagisten, Reisenden aus Übersee problemlösungsorientiert behilflich zu sein, ist oft gering bis inexistent. Nicht dass es sie nicht gibt, aber diese Garagisten müssen zuerst gefunden werden. Das wissen wir nicht vom Hörensagen, sondern von direkten Kontakten mit Schweizern, die ebenfalls mit ihrem eigenen Camper unterwegs sind. Der eine flog selber zurück in die Schweiz um sich die Ersatzteile zu besorgen, der andere beauftragte einen Freund, mit dem nötigen Teil in die USA zu fliegen, und der dritte machte es sich auf einem Campingplatz gemütlich, mietete einen PW um mobil zu sein und wartete darauf, dass die Ersatzteile aus der Schweiz geliefert werden.

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Und für welche dieser Szenarien werden wir uns entscheiden – sollte tatsächlich mit dem Motor von Columbus etwas im Argen liegen? Unsere Bauchgefühle neigen dazu uns mitzuteilen, dass es nichts Dramatisches sein kann, denn das Auto ist schliesslich so gut wie neu. Was wir jetzt brauchen, ist eine kompetente Einschätzung eines Fachmannes. Das wäre dann unser Garagist in der Schweiz. Zu unserem Glück nimmt er das Telefon an diesem Freitag kurz vor Feierabend in seiner Zeitzone noch ab. Er hört Fredi aufmerksam zu, stellt ein paar gezielte Fragen und meint schliesslich: „Schwierig. Da müsste ich meinen Kompi anhängen um den Fehler auslesen zu können…. dann erst kann ich sagen, was Sache ist. Aber eigentlich gehe ich davon aus, dass es nichts Tragisches sein kann.“ Er rät uns dazu, eine Garage zu suchen, die Motoren-Diagnosen durchführt; das sollte auch für europäische Fahrzeuge machbar sein. Nicht wenig erleichtert über diese erste Ferndiagnose telefonieren wir uns anschliessend durch die Autogaragen in Flagstaff, bis wir endlich Erfolg haben und noch gleichentags einen Termin bekommen. 2 Stunden später hängt ein kleines Diagnosegerät an Columbus und wenige Minuten später ist die Fehlermeldung gelöscht. Kurzform der Erkenntnisse vor Ort durch den Spezialisten: Der NOx-Sensor im Katalysator funktioniere nicht richtig, deshalb die Fehlermeldung. Aber das sei nicht weiter schlimm und vor allem kein Grund, unsere Reise nicht wie geplant fortzusetzen. Ursache des Übels sei die Unvereinbarkeit moderner europäischer Motoren mit der amerikanischen Dieselqualität. Und wir brechen an dieser Stelle eine Lanze für diesen Garagisten: Er hat bewiesen, dass es unter ihnen auch die Fraktion „Hilfsbereit, freundlich und grosszügig“ gibt.

Des Abends erheben wir unsere Gläser auf diese Garage und auf Columbus – dankbar dafür, dass wir keine der Szenarien aktivieren mussten. Und unsere werte Leserschaft ist herzlich eingeladen, an dieser Stelle nun einen Tipp abzugeben, für welche der drei Varianten wir uns entschieden hätten. Wie üblich über WhatsApp oder direkt im Kommentar. Wer richtig getippt hat, wird von uns hören und darf sich auf eine Überraschung freuen.

Tags darauf machen wir uns fröhlich auf, die eingangs erwähnten Nationalpärke zu erkunden. Fazit: Am besten gefallen hat es uns im Bryce Canyon. Dazu beigetragen hat sicher auch Teo. Er ist der Töff-Fahrer aus Kanada, den wir im Juli bereits zweimal auf dem Dempster-Highway angetroffen haben. Über die sozialen Medien sind wir in Kontakt geblieben und haben es so geschafft, dass wir praktisch zeitgleich im Bryce Canyon angekommen sind. Ganz allgemein gesprochen, geht Reisenden der Gesprächsstoff ja nie aus. Und wir haben uns während zwei Tagen den Campingplatz geteilt, gemeinsam zu Abend gegessen und stundenlang über all das diskutiert, was das Leben so ausmacht. Thank you Teo – see you in November in Toronto!

PS: Wer meint, das orange Lämpli habe sich mit diesem Intermezzo zufriedengegeben, sieht sich getäuscht. Gestern meldete es sich wieder zu Wort – inkl. Leistungsabfall von Columbus. Heute Garage aufgesucht, diesmal war es der Luftmengensensor. Selbiger aus – und wieder eingebaut, Fehlermeldung gelöscht. Und Columbus hat wieder die gewohnte Energie. Ach diese Elektronik! Bleibt zu hoffen, dass nun nicht aller guten Dinge drei sind. 😊

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Titelbild: Schlucht im Antelope Nationalpark

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