Der kleine Kühlschrank
All unsere Freunde, die schon mal hier waren, haben uns zu folgendem geraten: In Las Vegas lohnt es sich, ein Hotelzimmer dem Campingplatz vorzuziehen, um so richtig in diese Welt abtauchen zu können. Machen wir doch glatt. Freunde geben schliesslich keine schlechten Ratschläge. So quartieren wir uns für ein paar Nächte in einem Hotel entlang dem Strip ein. Über 5000 Zimmer, eine Stadt in der Stadt. Für Unbedarfte: Der Strip ist dort, wo das Leben für die über 40 Millionen Besucher*innen pro Jahr stattfindet. Mit unserer Wahl sind wir zufrieden: Columbus hat mal wieder einen Extraplatz, weil er zu hoch für die Einstellhalle ist und auch unser Zimmer scheint uns riesig. Gute Klima-Anlage (die Hitzewelle ist noch nicht vorbei), Aussicht auf den Strip, zwei grosse Betten, ein überdimensionierter Bildschirm sowie einen Safe (dessen Präsenz wir erst kurz vor dem Auschecken entdeckten). Und eine volle Minibar. Letztere weckt unser Interesse. So ein bisschen wie zwei Pfadfinder erkunden wir das Objekt und räumen mal die vorderen Reihen aus um zu schauen, was sich dahinter noch alles verbirgt: In der Tat, die Auswahl ist beachtlich! Nach eingehendem Studium der Angebotsvielfalt und dem einstimmigen Beschluss, dass Getränke aus diesem kleinen Kühlschrank sowieso unverschämt teuer sein müssen, räumen wir alles wieder sorgfältig zurück, schliessen die Minibar, vergessen das Ganze und machen uns auf, das Hotel und das Casino zu erkunden. Obwohl wir vom Spielen in Casinos keinen blassen Schimmer haben, sind unsere Pläne nicht unbescheiden: Mit minimalem Einsatz maximalen Gewinn erzielen.
Tags darauf – infolge Fieber und Erkältung zu einem Ruhetag gezwungen – kümmern wir uns um den grossen Bildschirm. Da kann man nicht nur TV schauen, sondern hat auch Zugriff auf sein eigenes „Hotelkonto“: Hier wird fein säuberlich aufgelistet, was jede einzelne Nacht kostet und welche Spesen sonst noch verrechnet werden. Zu sagen, der Blick auf unser Konto hätte uns ein bisschen irritiert, ist leicht untertrieben. Wie zwei Chüngelis vor der Flinte starren wir auf den Bildschirm: Da belastet uns das Hotel doch tatsächlich sämtliche Getränke und kleinen Fläschchen, die wir gestern aus lauter Gwunder aus der Minibar ausgeräumt …. und dann wieder eingeräumt haben. So ne Seich.
Fredi geht der Sache auf den Grund und findet rasch heraus: Der Kühlschrank ist mit Sensoren ausgestattet, welche der Rezeption direkt melden, wenn etwas herausgenommen wird. Es braucht dann unsererseits an derselbigen (welche notabene eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer der Check-In-Hallen am Flughafen Zürich hat) zwei Anläufe, bis die Getränke endgültig von unserem Konto gelöscht werden.
Gut, dass es in Las Vegas noch anderes als sensorenüberwachte Minibars gibt: Wir besuchen David Copperfield, der trotz fortgeschrittenem Alter immer noch blendend aussieht und ebenso zaubert, sowie eine Vorstellung vom Cirque du Soleil – zwei Shows mit hohem Unterhaltungswert. Und sonst? Las Vegas bietet viel Schein und wenig Sein, ist aber auch wegen den themenorientierten Hotelkomplexen einen Besuch wert. Und macht zweifelsohne Spass! Auch wenn aus unseren hochtrabenden Plänen von wegen maximalem Gewinn erzielen, nichts geworden ist. Wir haben die Bank nicht gesprengt und finanzieren unsere Reise weiterhin selber. 😉
Columbus ist froh, dass es nach diesen paar Tagen Pause wieder weitergeht. Gemütlich machen wir uns auf Richtung Grand Canyon, verweilen unterwegs nicht nur im Valley of Fire sondern auch am Lake Mead und am Hoover Dam. Letzterer wurde im Jahre 1936 fertiggestellt und hat vor allem die kontrollierte Wasserabgabe in Arizona, Nevada und Kalifornien zum Zweck. Etwas salopp ausgedrückt: Millionen von Menschen hängen am Tropf des Colorado Rivers, denn er ist der hauptsächliche Lieferant dieses so kostbaren Guts mit dem Namen Wasser. Nicht nur scheint es in Las Vegas in rauen Mengen vorhanden zu sein; für die Landwirtschaft ist es unverzichtbar. Doch das Ganze ist schon seit längerer Zeit arg aus dem Gleichgewicht geraten und hinterlässt bei uns ein ungutes Gefühl, was die Zukunft für die Menschen in diesem Teil des Landes bereithalten wird: Der Wasserspiegel des Lake Mead ist seit dem Jahr 2000 um über 43 Meter gesunken und umfasst jetzt nur noch 38 Prozent der gesamten Speicherkapazität. Sämtliche Stauseen des Colorado River sind von fast voll auf nur noch etwa 50 Prozent ihrer Kapazität zurückgegangen. Nicht nur hier stehen herausfordernde Zeiten an.
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Titelbild: Lake Mead (Hoover Dam)
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