Links abgebogen.

Links abgebogen.

20. August 2022 0 Von Silvernomads

Der Entscheid fiel Knall auf Fall. Auslöser war ein als Sehenswürdigkeit markierter Parkplatz, auf welchem mit grösster Anstrengung ein paar Touristenbusse auszumachen waren. Grösste Anstrengung deshalb, weil schon Röbeli’s Scheibenwischer ihre liebe Mühe hatten, den Regenmassen Herr zu werden. Wir verzichteten auf einen Halt, nicht wissend, was und ob wir überhaupt etwas verpasst haben. Aber nach 37 Ehejahren genügt manchmal ein Blick, um alles klar zu machen.

Ein paar Tage später wussten wir: Wir waren nicht die einzigen. Velofahrer, Töff-Fahrer, Auto-Stöpler, Wohnmobile – beträchtlich die Zahl derer, die links abgebogen sind. Sicher nicht alle an der tupfgenaugleichen Kreuzung wie wir, aber die Stossrichtung war klar: Nach links muss es gehen. Dies jedenfalls wussten «Einheimische» zu berichten, die sich über den unerwarteten und zusätzlichen Umsatz im Bereich Kaffee und Waffeln freuten.

So kurven wir nun also seit gut einer Woche durch Schwedisch-Lappland. Hier regnet es zwar hin und wieder auch, aber es schüttet nicht so erbarmungslos tagelang von morgens früh bis abends spät und in der Nacht auch noch wie in Norwegen. Wir jedenfalls erfreuen uns mächtig an den Sonnenstrahlen!

Da in unserer minimalst geplanten Skandinavien-Reise Schwedisch-Lappland gar nicht vorkam, sind wir in Bezug auf Reisehandbuch und Strassenkarten entsprechend unterdotiert. Ein guter Teil davon lässt sich selbstverständlich mit Herr und Frau Google sowie den passenden Internet-Seiten kompensieren. Aber wir zwei gehören eben noch zur alten Garde, die gerne mit der Strassenkarte auf den Knien (Navis aber sehr wohl zu schätzen wissen) und dem Reisehandbuch, voll mit gelben Markierungen und Kleberchen, wo es was zu sehen gibt, unterwegs sind.

Und deshalb fragen wir uns durch, so wie früher. Das führt zu völlig unerwarteten Erlebnissen, vor allem aber zu vielen Gesprächen. Heute wissen wir: In Schwedisch-Lappland wimmelt es von Schweizer:innen, die hier ihre neue Heimat gefunden haben – oder zumindest hoffen, sie noch zu finden. Einige von ihnen machen sogar mit der Schweizerfahne auf ihre Wurzeln aufmerksam. Ihre Geschichten ähneln sich zum Teil sehr: Der Kauf des Cafés, der kleinen Glasmanufaktur, des Souvenirshops geschah kurz vor Ausbruch der Pandemie – entsprechend schwierig dann der Start aber gross auch immer noch die Hoffnung, dass es klappen wird. Es sind aber auch Geschichten, wie sie in der Sendung «Auf und davon» zu verfolgen waren: Dass es bei unserer Ankunft auf einem Campingplatz nur ein Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen, dafür aber 4 Kastenwagen mit Schweizer-Nummern hatte, fand ich zugegebenermassen ziemlich irritierend. Normalerweise sind die Kräfteverhältnisse nämlich umgekehrt. Nach dem Einchecken und Konsultation von Google wussten wir: Die Besitzer haben sich bei ihrer Auswanderung, welche nun schon längere Zeit zurückliegt, vom Schweizer Fernsehen begleiten lassen. Das wussten wohl alle Camper hier ausser uns. Nichts desto trotz: Die Unterhaltung beim Auschecken mit der Protagonistin war lang und äusserst anregend.

Und bevor ich es vergesse: Wir haben hier oben einen Elch gesehen. Jubelrufe wären verfehlt. Er stand im Museum.